Je oller, je doller, weiß der Volksmund. Und das sah auch Gioacchino Rossini so, der seine späten Kompositionen, entstanden, nachdem er dem künstlerischen Schaffen eigentlich abgeschworen hatte, als „Alterssünden“ bezeichnete. Eine dieser Alterssünden, die „Petite Messe Solennelle“, brachte der Städtische Musikverein am Sonntag zur Aufführung.
Lange hatten die Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Zdenko Sojcic dafür geprobt, lange war dieser musikalische Höhepunkt von den Gladbeckern erwartet worden. Und so verwunderte es nicht, dass die Stadthalle beinahe ausverkauft war. Begleitet wurde der Chor vom „Collegium Musicum Rhein-Ruhr“ und vier Gesangssolisten.
Schnell wurde am Sonntag deutlich: Die allesamt passionierten aber nicht professionellen Sänger leisteten Außerordentliches. Sie eröffneten den Abend mit dem „Kyrie, eleison“, ein sehr konzertanter Beginn, dargeboten mit Ausdruck und Gefühl. Schon hier war zu sehen, die Kommunikation zwischen Sängern und künstlerischem Leiter stimmt. Die stimmgewaltigen Akteure waren sicher genug, die Augen vom Blatt abzuwenden und auf Zdenko Sojcic zu richten, der seinerseits mit kleinen Gesten Anweisungen gab und die Akteure souverän durch dieses anspruchsvolle Konzert führte.
Großartige Leistung des Chores
Das setzte sich mit dem „Gloria in excelsis Deo“ fort, bei welchem der Chor einen kraftvollen und energischen Auftakt bot, pointiert und deutlich im Gesang. Dann waren erstmals die Solisten den Abends zu hören, die im Verlauf auch einzeln ihr Können unter Beweis stellten. Herausragend etwa war das „Domine Deus, Rex coelestis“, ein Solo für den Tenor Jeongki Cho. Auf einen klanggewaltigen instrumentalen Auftakt folgte hier ein Solo, begleitet von zarter Musik, das deutliche Einflüsse von Rossinis Opernschaffen aufwies. Das Solo war ein Stück weit Arie mit italienischem Charme. Und genau das verstärkte noch die Strahlkraft.
Für die massiven und mitreißenden Momente aber sorgte immer wieder das Zusammenspiel aller und dir wirklich großartige Leistung des Chores, wie etwa beim „Cum sancto spiritu“, bei welchem die Sänger ein paar Takte ohne Instrumentalbegleitung zu hören waren. Und spätestens hier, als nur der Klang der Stimmen im Saal wirkte, waren die zahlreichen Gäste begeistert. Zumal der Chor mit der folgenden Chorfuge, wirklich anspruchsvoll und doch souverän gemeistert, noch eins drauf setzte. Verständlich, dass die Gäste sich am Ende vor Begeisterung kaum zu lassen wusste.
„Lass zu, dass ich in den Himmel komme“
Rossini selbst wusste um die Besonderheit seiner Messe, wandte sich nicht nur musikalisch an Gott, sondern formulierte auch den Nachsatz: „Lass zu, dass ich in den Himmel komme“ – quasi ein Aufnahmeersuchen für das Paradies.
Nach solch’ eindrücklichem Musikerlebnis waren die Gäste aber sicher: Dem Komponisten dieses Werkes haben alle Himmelstore offen gestanden.
Quelle: WAZ Gladbeck – Kira Schmidt